Qualifizierter Mietspiegel für Friesland

Agnes Wittke

Am 08. März 2023 wurde auf der Kreistagssitzung im "Haus des Gastes" in Horumersiel zusammen mit dem Haushalt und mit Unterstützung der Mehrheitsgruppe SPD/Grüne/FDP  unserem Antrag (DIE LINKE., Die PARTEI) auf einen qualifizierten Mietspiegel zugestimmt.

Am 20. Januar diesen Jahres erschien in der Nord-West-Zeitung ein Artikel, in dem die Mietsteigerungen in acht Landkreisen im Nord-Westen miteinander verglichen wurden. Erhoben wurden die Daten vom Internetportal Immowelt. Der Titel des Artikels lautete zwar „Mieten in Region steigen nicht mehr so stark“, ist aber bezüglich der Situation hier in Friesland irreführend. Aus den veröffentlichten Zahlen geht hervor, dass die Mieten in unserem Landkreis seit 2017 um gut 29% gestiegen sind. Das ist nach den Landkreisen Wittmund und Ammerland der dritthöchste Anstieg. Im Vergleich dazu war im Landkreis Aurich die Steigerung der Durchschnittsmieten mit gut 15% nur etwa halb so hoch.

Betrachtet man nur das Jahr 2022, dann hat Friesland mit einer Steigerung von 9,2% sogar den zweithöchsten Anstieg zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu sind die Durchschnittsmieten im Landkreis Leer nur um 2,8% gestiegen und im Landkreis Oldenburg gab es gar keinen Anstieg.

Untersucht wurden hier nur die Preise von Bestandswohnungen bei Neuvermietung. Die Mietpreise von Erstbezügen sind nicht in die Auswertung mit eingeflossen. Die Mietpreissteigerungen sind also nicht den zahlreichen Neubauten geschuldet, wie von der CDU im Finanzausschuss angeführt wurde.

Im Zusammenhang mit dem zunehmenden Arbeitskräftemangel auch in Friesland wird immer wieder betont, wie wichtig der Zuzug insbesondere von jungen Familien für unsere Region ist. Dafür muss aber auch genügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehen. Während bisher ein wichtiges Argument für einen Umzug in den ländlichen Raum neben der Kinderfreundlichkeit günstiger Wohnraum war, der sogar höhere Fahrtkosten kompensieren konnte, schrecken angesichts steigender Fahrtkosten und Mieten immer mehr Familien vor einem solchen Schritt zurück.

Ein qualifizierter Mietspiegel kann die allgemeine Wohnungsnot zwar nicht lindern, aber er kann helfen, die derzeitig hohen Mietsteigerungen abzubremsen und er ist das einzige Instrument, das zurzeit diesbezüglich zur Verfügung steht. Dabei schützt er nicht nur vor überzogenen Mieterhöhungen bei Neuvermietungen sondern auch diejenigen, die bereits überdurchschnittlich hohe Mieten zahlen. Solange kein qualifizierter Mietspiegel vorliegt, müssen Vermieterinnen und Vermieter zur Begründung von Mieterhöhungen drei vergleichbare Wohnungen mit entsprechend hoher Miete aufzeigen. Dabei können auch Wohnungen willkürlich ausgewählt werden, die durch Neubau, Sanierung oder Neuvermietung deutlich über den tatsächlichen Durchschnittsmieten liegen. Ohne einen qualifizierten Mietspiegel als valide Datengrundlage können sich Mieterinnen und Mieter nicht dagegen wehren. Einzig ein qualifizierter Mietspiegel bietet eine sichere Rechtsgrundlage.

Am 01. Januar 2022 ist ein neues Mietspiegelreformgesetz in Kraft getreten, nach dem jetzt auch Städte und Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern einen Mietspiegel vorlegen müssen. Dieses Kriterium trifft zwar auf keine Stadt oder Gemeinde in Friesland zu, da aber auch ein Mietspiegel für das Gebiet mehrerer Gemeinden erstellt werden kann, wobei alle betroffenen Gemeinden oder Interessenverbände aus allen Gemeinden den Mietspiegel anerkennen müssen, haben wir den Antrag auf die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels für unseren gesamten Landkreis an den Kreistag gestellt.

Laut der ersten Kreisrätin Frau Vogelbusch werden sich die Kosten mit ca. 10.000 Euro in Grenzen halten. Da das Jobcenter Mietdaten als Orientierungshilfe zur Bestimmung der angemessenen Bedarfe für eine Unterkunft erheben lassen muss, stehen schon erhebliche Daten für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels zur Verfügung. Die Daten werden von einem Fachbüro erhoben, so dass kein neuer Auftrag vergeben werden muss, sondern der bestehende erweitert werden kann.

Wir sind davon überzeugt, dass sich die Kosten langfristig wieder einsparen lassen, denn mit den Mieten steigen auch die Mietobergrenzen für Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach SGBII und SGB XII, die Auszahlungen von Wohngeld erhöhen sich und nicht zuletzt müssen auch Vermieterinnen und Vermieter, die dem Landkreis Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung stellen, ihre Mietforderungen an den Mietspiegel anpassen und können keine überzogenen Mieten mehrverlangen, die dann auch noch schlimmstenfalls als Vergleichsmieten zur Begründung von Mieterhöhungen herangezogen werden.